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\/ Chaos

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1.1 Einführung 1.2 Was ist deterministisches Chaos? 1.3 Prinzipielle "Unschärfen" 1.4 Chaotische Experimente



1. Deterministisches Chaos - allgemeine Vorbemerkungen

1.1 Einführung

In den Medien, in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen und auf Ausstellungen ist immer öfter von "Chaos" die Rede. Insbesondere beschäftigen sich jedoch die unterschiedlichsten Wissenschaftsbereiche wie beispielsweise Kunst, Wirtschaft, Mathematik und Physik damit. Wichtige Mitbegründer der mathematisch- physikalischen Forschungsrichtung waren Benoît Mandelbrot und Henri Poincaré, die den Begriff "deterministisches Chaos"
(1) entscheidend mitprägten, mit dem sich diese Facharbeit befaßt.

1.2 Was ist deterministisches Chaos?

Der Begriff "deterministisch" (lat.: bestimmbar, berechenbar) bedeutet, daß das beschriebene System durch lösbare Gleichungen beschreibbar ist. Daraus folgt jedoch nicht, daß es eine Funktion geben muß, die die Phase
(2) eines Systems zur Zeit in Beziehung setzt. Der Begriff "Chaos" heißt, daß das Zeitverhalten des Systems irregulär ist. Es darf also nicht periodisch sein, d.h. es darf sich nicht wiederholen.

Deterministische chaotische Prozesse sind demnach solche, "deren zeitliche Entwicklung einerseits deterministischen Differenzen- bzw. Differentialgleichungen folgt, die sich aber auf der anderen Seite durch irreguläres, scheinbar zufälliges (chaotisches) Zeitverhalten auszeichnet. Das bedeutet, daß sowohl reguläre Prozesse (stationäre, periodische, mehrfachperiodische Prozesse) als auch rein stochastische Prozesse nicht unter deterministisches Chaos fallen. Reguläre Prozesse erfüllen nicht die Bedingung des irregulären Zeitverhaltens; stochastische Prozesse sind nicht durch deterministische Gleichungssysteme beschreibbar, sondern nur durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Deterministisches Chaos deckt den gesamten Bereich zwischen diesen beiden Grenzfällen ab."(3) Es ist wichtig, nochmals auf den Unterschied zwischen stochastischen Prozessen (Systemen also, die auf reinem Zufall basieren) und deterministischem Chaos hinzuweisen, da diese Begriffe (u.a. auch in älterer Literatur) häufig nicht präzise unterschieden werden.

"Es scheint paradox, daß Chaos deterministisch ist, erzeugt nach festen Regeln ohne stochastische Elemente. Prinzipiell ist die Zukunft durch die Vergangenheit vollständig bestimmt, aber praktisch werden kleine Fehler verstärkt - das Verhalten ist deshalb zwar kurzfristig vorhersagbar, langfristig aber unvorhersagbar."(4)

Das folgende Beispiel verdeutlicht diese Fehlerverstärkung: "Bei einem idealisierten Billardspiel sollen die Kugeln ohne Energieverlust über den Tisch rollen und zusammenstoßen. Mit einem einzigen Stoß schickt der Spieler die Kugeln in eine längere Folge von Kollisionen; er möchte die Wirkung eines Stoßes abschätzen. Für welchen Zeitraum könnte ein Spieler mit perfekter Kontrolle über den Stoß die Bahn des Spielballs vorhersagen? Sofern er nur einen Effekt vernachlässigt, dessen Stärke der gravitiven Anziehung eines Elektrons am Rande der Milchstraße entspricht, wäre die Vorhersage bereits nach einer Minute falsch. Die Ungenauigkeiten wachsen so schnell, weil die Kugeln rund sind und deshalb kleine Bahnabweichungen bei jedem Zusammenstoß vergrößert werden. Das Anwachsen geschieht exponentiell: (...) Bei jeder Kollision wird der Gesamtfehler multipliziert; auf diese Weise erreicht jeder noch so kleine Effekt rasch makroskopische Dimensionen. Das ist eine der fundamentalen Eigenschaften von Chaos."(5)

Die zwei wesentlichen Phänomene von deterministisch chaotischen Systemen sind also das exponentielle Anwachsen von Fehlern (bzw. Unschärfen) bei den Meßwerten und das irreguläre Verhalten, das sich durch deterministische Gleichungen beschreiben läßt.

1.3 Prinzipielle "Unschärfen" bei den Meßwerten

Laplace behauptete 1776, daß man den Zustand des Universums für künftige Jahrhunderte genau bestimmen könne, sofern man den augenblicklichen Zustand ebenso genau bestimmen könne.(6) Doch 1903 wurde diese Behauptung von Poincaré widerlegt, der feststellte, daß "ein kleiner Fehler zu Anfang (...) später einen großen Fehler zur Folge haben [wird]. Vorhersagen werden unmöglich und wir haben ein zufälliges Ereignis."(5)

Könnte man aber den Zustand am Anfang völlig exakt bestimmen, und wäre es möglich, mit diesen Meßwerten zu rechnen, so hätte Laplace jedoch (bei Vernachlässigung des unendlichen Aufwands) recht. Da man aber davon ausgehen kann, daß die betrachteten Meßwerte (Auslenkung, Geschwindigkeit, Ort, etc.) kontinuierlich sind, müßten sie auf unendlich viele Stellen genau angegeben werden, was eine digitale Verarbeitung dieser Daten technisch unmöglich macht. Darüber hinaus würde auch die Heisenberg'sche Unschärferelation(7) eine völlig exakte Bestimmung aller Meßwerte nicht zulassen.

1.4 Chaotische Experimente

In dieser Facharbeit werden zwei chaotische Experimente theoretisch behandelt: das Magnetpendel und das Drehpendel. Hierfür wurden Computersimulationen in der Sprache "C" programmiert, deren Ergebnisse ausgewertet und daraus generelle Erkenntnisse der Chaosforschung abgeleitet werden. Dabei wird auch deutlich, daß selbst das Chaos an gewisse "Regeln" gebunden ist, daß es Aspekte gibt, die in jedem chaotischen Experiment zu finden sind und daß auch der ästhetische Aspekt der Chaosanalysen seinen Reiz besitzt.

Um in dem vorgegebenen Rahmen ein möglichst breites Spektrum zu behandeln, werden die gewonnen Erkenntnisse(8) vereinfacht und nur in einem stark beschränkten Umfang ausgeführt.

Die Programme sind sowohl als Programmquelltext(9) als auch als ausführbare Programme für einen IBM-PC kompatiblen Rechner auf Diskette beigelegt. Manche Programme ("MAUSPEND" und "FEIGBAUM") benötigen eine Maus; ein 486er oder ein besserer Rechner wird empfohlen. Die Programme laufen unter der DOS-Kommandozeilenebene; benötigte Parameter werden mit dem Programmaufruf übergeben, wodurch die Parametereinstellungen in sogenannte "Batchfiles" gespeichert werden können.

Weiter mit dem nächsten Kapitel ("Das Magnetpendel")





1 Im Folgenden auch kurz "Chaos" genannt
2 Die Phase eines Systems beschreibt seinen aktuellen Zustand eineindeutig. Bei einem Teilchen, das frei von äußeren Einflüssen ist, wäre dies sein Ort und Impuls. Wäre es angeregt, müßte noch der Zustand des anregenden Systems beachtet werden.
3 Atmanspacher, Morfill [3], Seite 1f
4 Crutchfield, Farmer, Packard, Shaw [4], Seite 8
5 Crutchfield, Farmer, Packard, Shaw [4], Seite 11
6 Crutchfield, Farmer, Packard, Shaw [4], Seite 10
7 Der Impuls und der Ort eines Teilchens (und somit dessen Phase) sind nicht beliebig genau bestimmbar
8 Weitere Einzelheiten, insbesondere zum Drehpendel, siehe [1]
9 Die Programmquelletexte sind C-Sourcecodes (insbes. für BorlandC 3.1)



(C) Copyright 1997 by Johannes Schmid
letzte Änderung: 05. Januar 1997